Hirscher: „Aufhören fühlt sich richtig an“

„Ich mach’s schmerzlos, es ist ja keine Überraschung mehr. Mit dem heutigen Tag beende ich meine aktive Karriere!“ Mit diesen Worten zog Marcel Hirscher am Mittwoch zur Fernseh-Primetime im Salzburger Gusswerk vor laufenden Kameras und mehr als 120 internationalen Medienvertretern den offiziellen Schlussstrich unter seiner einzigartigen Karriere als Skirennläufer.

Er habe für seine Entscheidung alle Faktoren abgewogen und analysiert, sagte der 30-jährige Salzburger im Live-Interview mit Marco Büchel: „Es ist die Summe aus vielen Gründen. Mir ist bewusst, dass es kein Berufswechsel ist, es ist ein Leben, das man beendet!“

Tatsächlich ist das Ende einer Ära zwischen deren Anfang und Ende 4554 Tage liegen. In dieser Zeitspanne stand Marcel Hirscher 245 Mal im Weltcup und 24 Mal bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften am Start.

In den 7 Stunden, 17 Minuten, 50 Sekunden, 40 Hundertstel, in denen er auf seine unnachahmliche Weise Rennen fuhr, schrieb er Skigeschichte und wurde zum All-Time Hero: Acht Mal hintereinander Sieger im Gesamtweltcup, je sechs Mal gewann er die kleine Kristallkugel in Slalom und Riesenslalom, 67 Weltcupsiege, 138 Podestplätze, zwei Mal Olympia-Gold (Pyeongchang 2018), einmal -Silber (Sotschi 2014). Und mit sieben WM-Titeln und vier Silbermedaillen ist Marcel Hirscher der Weltmeister unter den Weltmeistern.

Der Entschluss sei in ihm über die vergangenen Monate und Wochen gereift, endgültig gefasst habe er ihn allerdings erst vor zwei Wochen: „Es ist der richtige Zeitpunkt aufzuhören, es fühlt sich jetzt richtig und gut an.“

Hirscher weiter: „Ich hatte in meiner Karriere ein Riesen-Glück, dass ich ohne große Verletzungen durchgekommen. Ich bin gesund und werde mit meinem Sohn Fußballspielen können, ohne große körperliche Beschwerden zu haben. Auch deshalb ist es der richtige Zeitpunkt aufzuhören!“

Gefragt, was in seiner unvergleichlichen Karriere der schönste Moment gewesen sei, antwortete Marcel Hirscher: „Das war mein WM-Titel 2013 bei der Heim-WM in Schladming. Ich war sehr jung und damals lastete extrem viel Druck auf mir. Das war eine schwere Zeit. In der Zeitung stand: ,Marcel, hol‘ die Kohlen aus dem Feuer!‘ Ich wusste, dass Platz 4 zu wenig war, ich musste gewinnen. Dass ich dann wirklich geliefert habe, war geil, das war Gänsehaut. Dass dann noch so unglaublich viele großartige Momente und Erfolge dazugekommen sind, macht mich unglaublich dankbar: Meine Ziele sind erreicht, meine Mission ist erfüllt.“

Tatsächlich hat Marcel Hirscher alles gewonnen, was es im Skisport zu gewinnen gibt und serienweise Rekorde aufgestellt. Nicht nur mit seinen acht Gesamtweltcupsiegen in Folge, sondern auch als erfolgreichster WM-Teilnehmer aller Zeiten mit sieben Gold- und vier Silbermedaillen. Er ist auch der einzige Skirennläufer, der bei vier aufeinanderfolgenden Ski-Weltmeisterschaften – Schladming 2013, Vail / Beaver Creek 2015, St. Moritz 2017, Åre 2019 – Gold gewann.

Leistungen, die ihm weit über den Skisport hinaus höchste Reputation brachten: 2017 wählten ihn die Nationalen Olympischen Komitees (ANOK) zu „Europas Sportler des Jahres“ (in seiner Heimat Österreich ist ihm diese Ehre fünf Mal zuteil geworden). Die renommierte Zeitung L´Equipe kürte ihn im Vorjahr zum „Weltsportler des Jahres“ und Eurosport zum „Sportsman of the Year 2018“.

Seinen Dank und seine Wertschätzung adressierte Marcel Hirscher neben seinem Vater Ferdinand „meinem ersten und letzten Trainer“, seiner Familie und seinem zehnköpfigen Team auch an seine Fans und die gesamte Ski-Community: „Ohne euch wäre die Geschichte nicht die Geschichte und die Statistik nicht die Statistik: Danke an alle, die meine Begeisterung mit mir geteilt haben.“

Einen Masterplan für „die Karriere danach“ habe er nicht, zumal seine Entscheidung ja erst kürzlich gefallen sei. „Ich werde morgen kein Training machen und mir so viel Zeit fürs Frühstück nehmen, wie ich möchte. Es warten sehr viele spannende Projekte auf mich, aber ich lasse mir mit meinen Entscheidungen Zeit. Das einzige, was ich ganz sicher weiß, ist: Ich werde einen Weg finden, wie ich meine Erfahrungen weitergeben und auf diese Weise auch etwas zurückgeben kann. Und wenn´s soweit ist und es ein konkretes Projekt gibt, dann lasse ich´s euch wissen.“