Österreich, eine Radsportnation

Felix Gall jubelt über einen Etappensieg

Wer nach Aushängeschildern des heimischen Radsports suchte, wurde lange Zeit vor allem auf der Bahn fündig. Im „Velodrome“ machten sich nicht wenige Österreicher einen Namen.

So wie Franz Stocher. Der fünfmalige(!) Olympionike (1988 bis 2004), der sich bei Großevents lange mit Silber und Bronze „begnügen“ musste, gewann 2003 doch noch den Weltmeister-Titel im Punktefahren. Oder Roland Königshofer. Der „Steher“-Spezialist fuhr zwischen 1985 und 1994 zehn Mal in Folge aufs WM-Podest. Legendär blieben dabei vor allem seine drei Goldmedaillen 1989 bis 1991.

Doch in den vergangenen Jahren schickten sich vermehrt Straßen-Rennfahrer:innen und Mountainbiker:innen an, den Status Österreichs als große Radsportnation wieder aufleben zu lassen.

Galls Husarenritt

Es war ein Gänsehautmoment. Am 19. Juli radelte sich Felix Gall mit einem Hursarenritt bei der „Königsetappe“ der Tour de France ins kollektive Sportgedächtnis. Der Osttiroler gewann den 17. Teilabschnitt mit Bergankunft im Wintersportort Courchevel, nach dem er sich 13 Kilometer vor dem Ende von seiner Spitzengruppe absetzte, in spektakulärer Solo-Manier.

Zu diesem Zeitpunkt war Gall längst zum Kapitän seiner französischen Equipe AG2R Citroen aufgestiegen. Wenige Tage später wiederholte er sein Kunststück beinahe, wurde auf der vorletzten Etappe – im direkten Schlagabtausch mit den zweifachen Tour-Siegern Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar – Zweiter. Schlussendlich etablierte sich der 25-Jährige als Achter der Gesamtwertung (und als Zweiter in der Bergwertung) im Kreis der absoluten Spitzenradprofis und gilt damit als Versprechen für die Zukunft. „Die Tour war weit über den Erwartungen. Die drei Wochen waren besonders“, sagte der Bergspezialist zuletzt im ORF-Interview.

Felix Gall jubelt über einen Etappensieg in Frankreich
Ein Foto für die Ewigkeit: Gall gewinnt die Königsetappe der Tour de France 2023.

Hölls zweiter WM-Titel

Auch auf unwegsamerem Gelände fühlen sich die heimischen Zweirad-Stars nachweislich pudelwohl. Mountainbike-Downhillerin Valentina Höll sicherte sich Anfang August bei der Weltmeisterschaft im schottischen Glasgow WM-Gold. Die erst 21-Jährige verteidigte ihren Titel aus dem Vorjahr und holte bereits ihr zweites Regenbogentrikot.

Die Pinzgauerin kam mit dem herausfordernden Kurs in Fort William von Anfang an am besten zurecht. Schon in der Qualifikation fuhr sie Bestzeit und im Rennen durchbrach sie dann mit einer beeindruckenden Zeit von 4:58,242 als einzige Fahrerin die Fünf-Minuten-Marke. Mit erst 21 Jahren hat Höll nach ihren zwei WM-Titeln jedenfalls bereits ihren Platz in der Weltelite untermauert. „Mega sick“, zeigte sich die Salzburgerin überwältigt.

Valentina Hoell jubelt im Regenbogentrikot
Bleibt Weltmeisterin und damit im Regenbogentrikot: Valentina Höll.

Mitterwallners Traumsaison

Die Wiederholung eines historischen Erfolges gelang auch Mona Mitterwallner. Die ebenfalls erst 21-jährige Tirolerin gewann im nicht-olympischen Cross-Country-Marathon ebenfalls WM-Gold. Über 96 Kilometer und 3.200 Höhenmetern behielt die nunmehr zweifache Weltmeisterin die Oberhand und sicherte sich ihr zweites Regenbogentrikot nach 2021.

Damit schob sich Mitterwallner in einen erlesenen Kreis von Doppel-Weltmeisterinnen im MTB-Marathon: Nur Gunn-Rita Dahle, Annika Langvad und Pauline Ferrand-Prévot holten in der Geschichte von Marathon-Weltmeisterschaften, die seit 2003 ausgetragen werden, mindestens zwei WM-Titel.

Generell läuft es in dieser Saison sehr gut für die Ötztalerin. Im Cross-Country-Weltcup liegt sie nach zwei Siegen bereits auf Platz zwei im Gesamtranking. „Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie glücklich und stolz ich bin“, so die Mountainbikerin nach einem ihrer Weltcup-Siege. Als erstes Saisonhighlight holte Mitterwallner bei den European Games im Juni in Polen bereits die Silbermedaille.

Mona Mitterwallner nimmt die Steilkurve spektakulär
Weltmeisterin Mona Mitterwallner nimmt die Steilkurve spektakulär – und rast von Sieg zu Sieg.

Radstars am Tag des Sports

Für weitere Gänsehautmomente sorgten in der jüngeren Vergangenheit auch noch zahlreiche andere heimische Radsportler:innen. Christina Schweinberger holte Bronze im WM-Einzelzeitfahren der Frauen, Andreas Kolb Downhill-Silber. Alleine 14 Medaillen brachte das Team des Österreichischen Radsportverbandes (ÖRV) von der WM 2023 in Glasgow mit nach Hause. Dazu kommen die schon etwas länger zurückliegenden Erfolge, wie der Olympiasieg von Anna Kiesenhofer im Straßenrennen von Tokio. Apropos Straße: Neben Gall starteten alleine in diesem Jahr fünf weitere Österreicher bei der Tour de France, Michael Gogl, Felix Großschartner, Marco Haller (BORA-hansgrohe), Gregor Mühlberger (Movistar Team) und Patrick Konrad (BORA-hansgrohe) sind allesamt wichtige Teile ihrer World-Tour-Teams. Letzterer gewann 2021 ebenfalls eine Tour-de-France-Etappe.

Zu sagen, Österreich wäre leise, still und heimlich wieder zur Radsportnation aufgestiegen, würde so also gar nicht stimmen. Gall, Höll, Mitterwallner & Co. haben die Radsportwelt vielmehr jeweils mit lautem Knall aufgemischt – und einige Radstars mischen am 23. September auch den Tag des Sports auf. Lasst euch überraschen, schaut vorbei und ergattert Autogramme und Selfies von und mit unseren Zweirad-Held:innen!